Heftige Bedenken zu Megaprojekt in Italien: Die geplante Hängebrücke zwischen Kalabrien und Sizilien
Ein interministerieller Ausschuss unter Führung der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat den Bau einer gigantischen Hängebrücke zwischen dem Festland und Sizilien genehmigt. Das Bauwerk, das 13,5 Milliarden Euro kosten soll, wird nach seiner Fertigstellung mit einer Spannweite von über drei Kilometern die längste Hängebrücke der Welt sein. Verkehrsminister Matteo Salvini bezeichnet das Projekt als „Beschleuniger für die Entwicklung“ Süditaliens. Dennoch steht das Vorhaben im Kreuzfeuer der Kritik, insbesondere wegen der massiven Kosten, ökologischer Bedenken und beunruhigender Sicherheitsfragen.
Die Region, in der die Brücke entstehen soll, ist seismisch hochaktiv. Beim verheerenden Erdbeben von 1908 kamen in Messina über 70.000 Menschen ums Leben. Pietro Salini, Geschäftsführer des Bauunternehmens Webuild, das das Konsortium Eurolink leitet, betont, dass die Brücke nach den höchsten internationalen Ingenieursstandards gebaut werde. Das Konsortium verweist auf erfolgreiche Brückenbauten in Erdbebengebieten wie Japan und der Türkei und hebt hervor, dass die Konstruktion für Windkräfte ausgelegt sei, die in der Meerenge bislang nie gemessen wurden.
„Brücken können auch in den erdbebenreichsten Regionen der Erde gebaut werden, aber man muss sie gut untersuchen“, kommentiert der italienische Geologe Mario Tozzi. Er kritisiert, dass es an aktuellen strukturellen Studien, insbesondere zu den Unterwasserverwerfungen in der Meerenge, fehle. Tozzi fordert einen offiziellen Report des nationalen geophysischen und vulkanologischen Instituts (INGV), der vom Forschungsrat CNR und der Agentur für neue Technologien, Energie und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung (ENEA) abgesegnet wird. „Wenn die bauliche Umgebung nicht erdbebensicher ist, würde eine Brücke, die nach einem Erdbeben stehen bleibt, zwei Friedhöfe verbinden.“
Die Pläne für die Überquerung der Straße von Messina existieren bereits seit 1971, wurden jedoch mehrfach verschoben oder gestoppt – zuletzt 2013. Die aktuelle Regierung brachte das Vorhaben 2022 erneut auf den Weg. Derzeit kann die etwa drei Kilometer breite Meerenge nur per Fähre überquert werden. Nach dem neuen Zeitplan sollen erste vorbereitende Arbeiten bereits im Herbst beginnen, der eigentliche Bau 2026 starten und die Fertigstellung bis 2032 erfolgen.
Projektdaten | Werte |
---|---|
Gesamtkosten | 13,5 Milliarden Euro |
Spannweite | über 3 Kilometer |
Höhe der Türme | 399 Meter |
Fahrspuren | 3 pro Richtung + 2 Servicespuren |
Eisenbahngleise | 2 mit begehbaren Fußwegen |
Finanzierung | Vollständig aus öffentlichen Mitteln |
Baubeginn | 2026 (geplant) |
Fertigstellung | 2032 (geplant) |
Umweltverbände laufen Sturm gegen das Vorhaben und werfen der Regierung vor, Umwelt- und Sicherheitsauflagen zu umgehen. Sie beklagen schwerwiegende Umweltauswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme, Mängel in der Dokumentation und Probleme bei der Gesamtbewertung des Projekts. Auch die Sicherheitslage in der Region gibt Anlass zur Sorge, da Kalabrien als Hochburg der ’Ndrangheta, einer der mächtigsten Mafiaorganisationen Europas, gilt. Kritiker befürchten Einflussnahme und Korruption beim Milliardenprojekt. Verkehrsminister Salvini verspricht strenge Anti-Mafia-Protokolle, wie sie auch bei internationalen Großveranstaltungen zum Einsatz kommen.
- 13,5 Milliarden Euro Kosten, vollständig aus öffentlichen Mitteln
- Spannweite über 3 Kilometer, längste Hängebrücke der Welt geplant
- Region ist seismisch hochaktiv, über 70.000 Tote beim Erdbeben 1908
- Umweltverbände und Experten äußern massive Bedenken
- Kritik an fehlenden aktuellen Studien und möglicher Mafia-Einflussnahme
Infobox: Das Megaprojekt „Ponte sullo Stretto di Messina“ soll ab 2026 gebaut werden und bis 2032 fertiggestellt sein. Es ist mit 13,5 Milliarden Euro veranschlagt und wird vollständig aus öffentlichen Mitteln finanziert. Trotz der Zusicherung höchster Sicherheitsstandards gibt es erhebliche Bedenken von Experten, Umweltverbänden und hinsichtlich der Mafia-Einflussnahme. (Quelle: Frankfurter Rundschau)
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